Liebes Kind, liebe/r Jugendliche/r, liebe/r junge Erwachsene/r,
Du möchtest eine Psychotherapie machen und/oder Deinen Eltern wurde eine Psychotherapie für Dich empfohlen. Vielleicht fragst Du Dich, was eine Therapie genau ist oder sorgst Dich, warum gerade Du so etwas machen sollst. Vielleicht fühlst Du Dich anders, als Dir gut tut und vielleicht verhältst Du Dich dann auch anders, als Du eigentlich möchtest. Möglicherweise bist Du manchmal sehr traurig, wütend oder ängstlich. Vielleicht tust Du anderen oder Dir selber weh oder hinterfragst das Leben. Vielleicht hast Du etwas erlebt, was immer wieder in Deinen Kopf kommt und Deine Gefühle durcheinander wirft.
Mir ist es ein wichtiges Anliegen, Dir zu sagen, dass es so, wie es jetzt ist, nicht bleiben muss. Es hat jedoch einen wichtigen Sinn, warum es gerade ist, wie es ist – und eben nicht anders! Die Psyche/Seele ist nämlich eine kluge Sache, die die Dinge so regelt, dass man irgendwie klarkommt. Auch wenn das oft von außen nicht so aussieht oder es von anderen oder Dir selbst als unsinnig oder störend beurteilt wird.
Ein Beispiel:
Jemand ist sehr schüchtern und kann nicht gut in Kontakt mit anderen Menschen kommen. Es fällt ihm schwer, mit anderen zu reden und er fühlt sich sicherer, wenn er alleine ist. Aber er ist unglücklich mit der Situation, wenig Freunde zu haben. Man nennt das soziale Ängstlichkeit. Möglicherweise ist dieser Mensch mal verletzt worden in seiner Kindheit und hat schlechte Erfahrungen mit Mitmenschen gemacht. Jeder Kontakt zu anderen schürt die Angst, dass er wieder verletzt oder gedemütigt werden könnte. Also ist es sinnvoller, Angst vor anderen Menschen zu spüren und folglich mit sich alleine zu bleiben. Auch wenn das einen zum „Nerd“ oder „Freak“ macht in den Augen der anderen. Aber das nimmt die Psyche in Kauf, denn alles andere wäre noch schmerzhafter – also wieder enttäuscht oder verlassen zu werden. Die (soziale) Angst schützt also vor noch schlimmeren Gefühlen.
Das Blöde daran ist nur, dass dieser Mensch (und eigentlich fast jeder Mensch auf der Welt) im Grunde genommen wertgeschätzt und angenommen werden will und dass dieser Wunsch ganz tief in einem drin auf der Strecke bleiben muss. Wenn man so nicht weitermachen möchte oder kann, muss man irgendwie lernen, wie man's anders machen könnte.
Dafür ist es am wichtigsten, zuerst einmal verstanden zu werden, in dem, wie man ist und was man tut! Und sich dann selbst zu verstehen. Wie das gehen soll?
Stell Dir vor, Deine Seele/Psyche wäre wie ein unaufgeräumtes Zimmer. Überall liegen Sachen rum (z. Bsp Erinnerungen und Gefühle), über die man immer wieder stolpert. Mit dem Fuß mal eben zur Seite schieben bringt nur so lange was, bis man auch da wieder drüberfliegt. Das sind dann die anstrengenden Momente, wo sich was doof und nicht richtig anfühlt (Konflikte mit anderen oder sich selbst). Therapie bedeutet dann, dass wir uns dieses Seelenzimmer gut anschauen. Erst mal vorsichtig aus der Ferne, dann etwas genauer (alles in Deinem Tempo) und später heben wir die Teile auch mal vom Boden auf und schauen sie uns in Ruhe von allen Seiten an. Wir können sie nicht wegwerfen, diese Dinge gehören zu diesem Zimmer dazu, sonst wären sie ja nicht drin. Schließlich suchen wir uns ein gutes Plätzchen im Regal oder in einer Schublade, wo diese Dinge eingeräumt werden können.
So lernt man nach und nach dieses Zimmer kennen und man stolpert nicht ständig unkontrolliert. Man weiß ja schließlich, wo alles ist (also wie und warum man so ist). Neue Dinge können dann besser in diesem Zimmer Platz haben (also man kann sich weiterentwickeln).
So ungefähr ist Therapie in meinen Worten.